Bußgelder in Europa – Österreich
Welches Bußgeld droht bei einem Verkehrsverstoß in Österreich?
Österreich als unser direkter Nachbar ist ein bei den Deutschen nach wie vor sehr beliebtes Reise- und Urlaubsziel. Ob es Sie nun zum Wandern oder zum Skifahren in die Berge zieht, in die Metropolregion und Landeshauptstadt Wien, oder aber nach Graz, Linz, Salzburg oder Innsbruck, an einen der unzähligen malerischen österreichischen Seen, wie beispielsweise den Bodensee, den Wörthersee oder den Wolfgangsee: aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft und der vergleichsweise kurzen Anreisemöglichkeit mit dem (eigenen) Pkw, bietet sich Österreich für einen Autoausflug geradezu an. Wer nun allerdings glaubt, dass alleine aufgrund der (kulturellen und sprachlichen) Nähe auch in etwa die gleichen Verkehrsvorschriften wie in Deutschland gelten, der irrt.
Allgemeines & Straßenverkehr
Ausländische Besucher und Transitreisende erwarten vielerlei abweichende und z.T. überraschende Regelungen in Österreich. So ist nicht nur generell eine Autobahnmaut fällig, sondern Verstöße gegen die Mautbestimmungen werden mit hohen Bußen (sog. Ersatzmaut) verfolgt. Ferner werden Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr mit sehr uneinheitlichen Geldbußen geahndet. Zudem existiert eine Vielzahl an unterschiedlichen österreichischen Rechtsbegriffen, mit denen Autofahrer jenseits der Landesgrenze oftmals nicht allzu viel anfangen können. Dazu zählen Begriffe wie Organmandat, Anonymverfügung, Straferkenntnis, Lenkererhebung, Ersatzmaut, Arrest oder Exekution.
Weitere Besonderheiten:
- erhebliche Geldbußen bei Alkoholfahrten
- Winterreifenpflicht in Österreich: bei Verstößen droht ein Bußgeld von 60 EUR bzw. bis zu 5000 EUR, sofern es dadurch bedingt zu einem Unfall kommt
- kein einheitlicher österreichischer Bußgeldkatalog: Sanktionen können regional und aufgrund einer Vielzahl interner Dienstanweisungen recht unterschiedlich ausfallen
- Lkw-Fahrverbote nicht nur an Sonn- und Feiertagen, sondern auch samstags und in der Nacht
- Mautpflicht in Österreich
Spezielle Verkehrsregeln:
Parken und Halten: Es existiert eine Vielzahl gesetzlicher Halt- und Parkverbote. Kurzparkzonenregelungen gelten oft für ganze Stadtviertel oder Gemeindegebiete – mit Beschilderung lediglich am Ortsbeginn; nur teilweise sind zusätzlich blaue Markierungen auf der Fahrbahn angebracht. Gelbe Zickzack-Linien bedeuten ein Parkverbot. Das Abstellen von Fahrzeugen auf – häufig nicht auf Anhieb erkennbaren – Privatgrundstücken wird wegen „eigenmächtiger Besitzstörung“ per Klage und Abschleppen mit hohen Anwalts- und Verfahrenskosten belegt.
Tempolimits: Innerorts gelten für alle Kfz 50 km/h als Höchstgeschwindigkeit. Außerorts sind für Pkw, Motorräder und andere Kraftfahrzeuge bis 3,5 t bis zu 100 km/h erlaubt. Für Wohnmobile und Anhängergespanne mit mehr als 3,5 t sind außerorts maximal 70, für Pkw mit leichtem Anhänger 100, mit schwerem Anhänger (z.B. Caravan) 80 km/h erlaubt. Auf Autobahnen dürfen Pkw, Motorräder und andere Kfz bis 3,5 t höchstens 130 km/h fahren. Zusätzliche Begrenzungen gelten aufgrund unterschiedlicher Regelungen: so sind auf der Tauern-, Inntal-, Brenner- und Rheintal-Autobahn zwischen 22 und 5 Uhr für Pkw und Motorräder maximal 110 km/h erlaubt. Ferner sind Teile des Schnellverkehrsnetzes mit flexiblen Tempolimits versehen. Eine Sondervorschrift bildet das Immissionsschutzgesetz-Luft: innerhalb dessen Geltungsbereiches wird die zulässige Höchstgeschwindigkeit mit dem Zusatz „IG-L“ entsprechend angezeigt.
Alkohol: In Österreich gilt – wie auch in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern – die 0,5-Promille-Grenze. Für Probeführerschein-Besitzer (Fahranfänger) und für LKW-Fahrer gilt allerdings eine 0,1-Promille-Grenze. Insgesamt betrachtet sind unsere österreichischen Nachbarn bei Trunkenheitsfahrten ziemlich streng unterwegs: bereits die erste Trunkenheitsfahrt mit einem Promillewert von 0,5 – 0,79 Promille kann ein Bußgeld von 300 – 3700 EUR verursachen. Ebenso ist mit einer sog. Vormerkung (vergleichbar mit unseren deutschen Punkten in Flensburg) bereits ab der ersten Trunkenheitsfahrt zu rechnen. Ab einem Wert von 0,8 Promille ist mit einem Fahrverbot von einem Monat zu rechnen. Hinzu kommt ein Bußgeld von mindestens 800 EUR und darüber hinaus müssen Autofahrer in einem solchen Fall ein verkehrspsychologisches Training besuchen, welches zusätzlich noch einmal mehrere hundert Euro kostet. Ein solches verkehrspsychologisches Training erwartet auch Wiederholungstäter, die bereits einmal einen Verstoß gegen die 0,5-Promille-Grenze hinter sich haben. Wer als Autofahrer hingegen mit mehr als 1,2-Promille erwischt wird, für den steigt das Bußgeld in den vierstelligen Bereich, so dass der entsprechende Bußgeldbescheid sich auf eine Bußgeldsumme zwischen 1.200 EUR und 4.400 EUR beläuft. Hinzu kommen dann noch ein mindestens viermonatiges Fahrverbot sowie eine kostenpflichtige Nachschulung. Ab einem Promillegehalt von 1,6-Promille liegt eine strafrechtlich relevante Trunkenheitsfahrt vor, bei der das Bußgeld bis auf 5.900 EUR steigen kann. Auch hierzu kommen dann noch die Kosten für eine Nachschulung, die Kosten in Höhe von etwa 800 EUR für eine verkehrspsychologische Untersuchung und ein Fahrverbot von mindestens sechs Monaten.
Fahrverbote und Punkte: Dem deutschen Fahrverbot entspricht in etwa ein „Entzug der Lenkberechtigung“ nach österreichischem Recht. Ein Entzug der Lenkberechtigung ist auch für kürzere Zeitintervalle (drei, vier oder sechs Wochen) möglich. Ausländern wird damit das Recht aberkannt, auf österreichischen Straßen Kraftfahrzeuge zu führen. Anstelle eines Führerschein-Punktesystems gibt es in Österreich ein sog. Vormerksystem, welches grundsätzlich auch bei ausländischen Verkehrssündern Anwendung findet, die in Österreich bestimmte Zuwiderhandlungen begangen haben. Hierunter fallen dann sog. Mittelschwere Verstöße wie Rotlicht- oder Vorfahrtsmissachtung, aber auch Alkoholfahrten ab 0,1-Promille (mit Lkw) bzw. ab 0,5-Promille (mit Pkw/Motorrad). Das Procedere verläuft dabei wie folgt: nach der ersten Zuwiderhandlung kommt es zur Vormerkung (Registereintragung), danach zu Nachschulung oder Sicherheitstraining – nicht jedoch bei Ausländern.
Sonstiges: Bei Pannen oder Unfällen außerorts muss der Lenker eine Warnweste anziehen. Motorradfahrer müssen einen kleinen Verbandskasten mitführen. Ein Vorfahrtberechtigter kann durch Anhalten sein Vorfahrtsrecht verlieren! Es existiert kein einheitlicher österreichischer Bußgeldkatalog, so wie das in Deutschland etwa der Fall ist. Vielmehr legen die einzelnen Behördensprengel die Höhe der Bußgelder für einzelne Vergehen selbst fest. Lediglich geringfügige Verkehrsordnungswidrigkeiten werden meist per Anonymverfügung erledigt. Daneben existiert jedoch auch ein Katalog für sog. Organstrafverfügungen, bei denen ein sog. Organmandat verfügt wird. Die Organmandate sind etwa in ganz Österreich gleich und werden meist von Polizisten (z.B. bei einer Verkehrskontrolle) verhängt, wohingegen die Anonymverfügungen von den zuständigen Bußgeldstellen erlassen werden (Verwaltungsstrafverfahren). Anonymverfügung und Organmandat unterscheiden sich nur darin, dass das Bußgeld bei der Anonymverfügung 365 EUR nicht übersteigt und die Strafe nicht in das Strafregister eingetragen wird (folglich „anonym“ bleibt). Gemeinsam sind beiden Maßnahmen jedoch, dass sie eine Sanktionierung aufgrund eines Verstoßes gegen verkehrsrechtliche Vorschriften darstellen. Die Verfolgung von sog. Verwaltungsübertretungen (Ordnungswidrigkeiten) wird im Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt, was in etwa einem deutschen Bußgeldverfahren entspricht. Im abgekürzten Verfahren kann dann entweder ein Organmandat, eine Anonym- oder Strafverfügung verhängt werden. Bei einer Strafverfügung ist das Bußgeld wesentlich höher und es wird eine entsprechende Eintragung im Strafregister vorgenommen. Ferner wird eine Strafverfügung bei Nichtbeachtung der Anonymverfügung oder statt dieser erlassen. Gegen eine Strafverfügung kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids Einspruch erhoben werden. Über den Einspruch wird in der Regel von der Verwaltungsbehörde per Straferkenntnis entschieden. Eine Halterhaftung gibt es in Österreich lediglich in beschränktem Umfang dergestalt, dass der Kfz-Halter zur Erteilung einer sog. Lenkerauskunft über den jeweiligen Fahrzeugführer verpflichtet ist.
Dies gilt selbst dann, wenn es sich beim Fahrer um einen nahen Angehörigen handelt. Eine Auskunftsverweigerung des Kfz-Halters kann ein Bußgeld nach sich ziehen und wird in der Praxis dann meist mit der für das Grunddelikt vorgesehenen Geldbuße geahndet (Obergrenze 5.000 EUR). Die Verfolgungsverjährungsfrist beträgt bei Verkehrsübertretungen ein Jahr. Bei Straftaten richtet sich die Verjährungsfrist nach der Höhe der Strafdrohung: ein Jahr, wenn die Handlung mit Geldstrafe oder mit höchstens sechsmonatiger Freiheitsstrafe bedroht ist und drei Jahre bei maximal einjähriger Freiheitsstrafe und fünf Jahre bei höchstens fünfjähriger Freiheitsstrafe. Die Vollstreckungsverjährungsfrist beträgt bei Übertretungen drei Jahre und beginnt mit Rechtskraft der Entscheidung. Für Straftaten gelten folgende Verjährungsfristen: fünf Jahre, wenn eine Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder eine Geldstrafe festgesetzt worden ist; zehn Jahre, wenn die Freiheitsstrafe nicht mehr als ein Jahr beträgt, und fünfzehn Jahre, wenn die Freiheitsstrafe höchstens auf zehn Jahre lautet. Besonders zu beachten ist hinsichtlich der Bußenvollstreckung folgender Umstand: es findet aufgrund des deutsch-österreichischen Rechtshilfevertrags von 1988 eine seitens Österreich recht intensiv betriebene grenzüberschreitende Geldbußenvollstreckung statt und das schon ab einer Bagatellgrenze von 25 EUR. Somit können auch vergleichsweise geringfügige Parkverstöße in Österreich noch ihren Weg nach Deutschland finden. Ferner gibt es eine deutliche Einschränkung der Vollstreckung bei österreichischen Bescheiden, die ausdrücklich wegen Nichtbenennung des Fahrers (Auskunftsverweigerung bei der Lenkerauskunft) erlassen worden sind: diese werden in Deutschland nicht vollstreckt, da sie gegen das in Deutschland geltende Auskunfts- bzw. Zeugnisverweigerungsrecht zugunsten naher Angehöriger verstoßen.
Bußgeldkatalog Österreich
Österreichische Rahmengeldbußen (Auszug):
Fazit
Die Möglichkeiten, bei einer Reise in das Nachbarland einen z.T. mit recht hohen Bußgeldern versehenen Verkehrsverstoß zu begehen, ist relativ hoch und beginnt mit der ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut, der korrekten Installation der Vignette und geht über auch in Deutschland noch verfolgbare – vergleichsweise geringfügige – Parkverstöße bis hin zu sehr hohen Geldbußen im Fall von erheblichen Geschwindigkeitsverstößen. Sollte Sie das etwa von einer Fahrt mit dem (eigenen) Pkw in unser schönes Nachbarland abhalten? – Nein, keineswegs. Sollten Sie einen erhaltenen Bußgeldbescheid einfach ignorieren oder ohne eine rechtliche Überprüfung bezahlen – Nein, keineswegs. Wenden Sie sich an den Fachanwalt für Verkehrsrecht – Dr. Christian Kotz – der Verkehrsrechtskanzlei Kotz aus Kreuztal bei Siegen und lassen Sie hier und sofort Ihren Bußgeldbescheid überprüfen:
Bußgeldbescheid aus Österreich prüfen lassen
Falls Sie wissen wollen, ob bzw. was Sie gegen Ihren Bußgeldbescheid unternehmen können, so lassen Sie ihn am besten direkt überprüfen.